Fachtagung 2023 E-Motoren und Transformatoren

Das Branchentreffen der Elektrozulieferindustrie in Fulda

Die vergangenen drei Jahre haben mit Corona, dem Konflikt in der Ukraine und den Sorgen um die ausreichende Energieversorgung viel Unsicherheit mit sich gebracht. Dennoch konnte die Elektroindustrie in Deutschland eine positive Entwicklung verzeichnen – der wichtigste Grund dafür dürfte die Transformation der Gesellschaft hin zu einer „All Electrical Society“ sein. Denn der elektrische Strom wird nach Einschätzung des ZVEI im Jahr 2045 über 90% des Energiebedarfs decken. Diese Aufbruchstimmung in das „elektrische Zeitalter“ war auch auf der diesjährigen Fachtagung des ZVEI-Fachverbandes „Electrical Winding & Insulation (EWIS)“ in Fulda zu spüren.

Hochkarätige wissenschaftliche Beiträge und zahlreiche informative Vorträge von Mitgliedsfirmen fanden ein sehr gutes Echo bei den rund 260 Teilnehmern. Bereits am Vortag lockte eine spannende Live-Veranstaltung des PEM der RWTH Aachen an die 190 Zuhörer. Im Rahmen einer Nachmittagssession wurden von Herrn Dorn und Herrn Backes drei moderne Elektromotoren-Antriebe gezeigt und teilweise live demontiert. Ein ausführlicher Einblick in die Roadmap zu Traktionsmotoren der E-Mobilität lieferte zudem Gesprächsstoff für das anschließende Flying Dinner, welches die Teilnehmer intensiv zum Netzwerken nutzten.

Der zweite Tag der EWIS-Fachtagung stand ganz unter den drei Hauptthemen Nachhaltigkeit, Effizienz und Innovation. In den Vorträgen wurde klar, dass die Herausforderungen an Isolationswerkstoffe immer höher werden – sei es im Einsatz, aber auch in der Herstellung und Verwendung. Dass dafür neue Ideen notwendig sind, zeigten die vielen innovativen Neuerungen bei den Mitgliedsfirmen. Im Rahmen kleiner Poster-Stände konnten sich innerhalb der Pausen die Tagungsbesucher zusätzlich informieren lassen.

Besonders erfreulich war auch die Teilnahme vieler Entwickler und Ingenieure aus dem Bereich der Automobil-Branche und der Zulieferindustrie. Gerade bei den jüngeren Ingenieuren fanden die zahlreichen Praxishinweise der Vortragenden große Beachtung.

Nach einer zukunftsgerichteten Eröffnung durch den Vorsitzenden des Fachverbandes, Herrn Stefan Karsch, begann der erste von vier großen Themenblöcken. Herr Sebastian Aumann von ISOVOLTA und Herr Heinz von der Heide von SYNFLEX zeigten auf, welche Rolle Normung und gezielte Materialprüfungen auch für ganz aktuellen Entwicklungen im Bereich der Elektromobilität haben. Der Vortrag von Herrn Professor Kornhuber von der Hochschule für angewandte Wissenschaften Zittau/Görlitz ging danach gezielt auf die besonderen Belastungen von Isolationssystemen ein. Durch neue Umrichtertechniken werden Isolationen in Elektromotoren und Bestandteilen der Verteilnetzwerke (Stichwort Regelbare Transformatoren) auf eine neue Art und Weise gestresst.

Dazu passte der Vortrag von Herrn Dr. Bredtmann von Semikron-Danfoss. Das Gemeinschaftsunternehmen treibt die Entwicklung der verlustarmen Silizium-Carbid-Halbleitermodule voran. Durch diese Leistungsmodule sind bereits heute Betriebsspannungen bis 1000 V möglich. Er zeigte dabei auf, dass es durch diese hohen Spannungen technische Konflikte gibt, die nur gemeinsam von Leistungselektronik- und Antriebshersteller angegangen werden können.

Herr Lomoschitz von AXALTA Coating Systems, Herr Dr. Rost von ELANTAS und Herr Strauß von der Firma KREMPEL gingen auf diese besonderen Herausforderungen in ihren Vorträgen ein. Ergänzend berichteten sie auch von den Potentialen ihrer Produkte in Hinsicht auf Nachhaltigkeit und Energieeffizienz. Denn nicht nur in der Verwendung, auch bereits beim Herstellprozess werden Aspekte der Nachhaltigkeit berücksichtigt. Zusätzlich wurden Innovationen präsentiert, wie man den Zustand einer gealterten Isolation beurteilen kann, ein Imprägnierharz ganz ohne Gefahrstoff-Hinweise und wie man bereits in der Produktion durch moderne Werkstoffe Energie einsparen kann.

Besonders das 800V-Motordesign erfordert ein besonders hohes Maß an Qualitätssicherheit. Die Vermeidung von Teilentladungen innerhalb eingeschlossener Luftblasen durch optimale Fließeigenschaften des Harzes und ein möglichst gut verarbeitbarer Lackdraht sind essentielle Voraussetzungen dafür. Herr Teufl von der Firma VON ROLL und die beiden Vortragenden Herr Klusmann von der Firma AUMANN sowie Herr Dr. Levermann von Schwering&Hasse zeigten in ihren Vorträgen auf, wie die prozesssichere Verarbeitung von Träufelharzen und Lackdrähten mit besonders engen Toleranzgrenzen einen wesentlichen Beitrag zur Vermeidung von Spätschäden leisten können.

Eine besondere Herausforderung stellt das Temperaturmanagement eines E-Motors dar. Professor Griesinger vom ZfW Stuttgart zeigte uns, wie mittels thermischer Berechnungen, Wärmepfade im Inneren des Elektromotors ermittelt und optimiert werden können.  Ebenso wichtig sind direkte Temperaturmessungen mittels Sensoren, deren Aufbau, Einsatzort und das formschlüssige Vergießen wesentlich zur Performance der Messung beiträgt, wie uns Dr. Mario Gauer von EPHY-Mess zeigte. 

Herr Martin Stark, Entwicklungsleiter bei SEW Eurodrive beschloss schließlich am späteren Nachmittag die Vortragreihe. Sein Vortrag zeigte nochmals auf, dass noch an vielen Stellen bei der Herstellung, aber auch dem Betrieb von Elektromotoren Einsparpotentiale vorhanden sind. 

Herr Dr. Krämer, stellvertretender Vorsitzender des Fachverbandes EWIS (Electrical Winding & Insulation) schloss schließlich die Veranstaltung mit einem positiven Ausblick in die „elektrische“ Zukunft. Er rief alle Teilnehmer dazu auf, das Netzwerken weiterhin zu nutzen und durch die Zusammenarbeit untereinander und mit dem ZVEI zusammen die „All-Electric-Society“ voranzubringen.

Wir danken allen, die dabei waren und freuen uns auf den weiteren Austausch mit Ihnen.

Dr. Rolf Winter
Geschäftsführer
Fachverband Electrical Winding & Insulation Systems